CSRD – unverhältnismäßige Bürokratielasten vermeiden, Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit von Familienunternehmen stärken!

1. Inkrafttreten der CSRD und nötige Umsetzung auf Bundesebene

Die neue „Corporate Sustainability Reporting Directive“ (CSRD), die im Januar 2023 in Kraft getreten ist, hebt die Nachhaltigkeitsberichterstattung der Unternehmen auf eine neue Ebene. Unternehmen unterliegen damit viel voluminöseren und detaillierteren Berichterstattungspflichten als bisher. Zu deren inhaltlicher Ausgestaltung hat die EU-Kommission am 22. Dezember 2023 erste Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung im Amtsblatt der EU veröffentlicht (Delegierte Verordnung (EU) 2023/2772 der Kommission vom 31. Juli 2023 zur Ergänzung der Richtlinie 2013/34/EU des Europäischen Parlaments und des Rates durch Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung). Die Verordnung gilt ab dem 1. Januar 2024 für Geschäftsjahre, die am oder nach dem 1. Januar 2024 beginnen. Die Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat (siehe Artikel 2 der Verordnung). Die CSRD selbst muss bis Sommer 2024 auf nationaler Ebene umgesetzt werden (vgl. Art. 5 der CSRD). Die Bundesregierung ist somit zeitnah gefordert. Die CSRD zielt zunächst auf mittlere und große Unternehmen ab, die am Bilanzstichtag zwei der drei nachfolgenden Kriterien überschreiten: a.) Durchschnittlich mehr als 250 Mitarbeiter während des Geschäftsjahres b.) Bilanzsumme: 20 Mio. Euro c.) Netto-Umsatzerlöse: 40 Mio. Euro Schätzungen des Deutschen Rechnungslegungs Standards Committees (DRSC) zufolge wird sich damit der Kreis der Unternehmen, die der Nachhaltigkeitsberichterstattung unterliegen, allein in Deutschland verdreißigfachen. Waren infolge der Richtlinie über die nichtfinanzielle Berichterstattung und dem CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz (CSR-RUG) in Deutschland bislang etwa 500 Unternehmen betroffen, so werden zukünftig etwa 15.000 Unternehmen berichtspflichtig sein. (1,2)

2. Betroffenheit von Familienunternehmen

Ein Großteil der von der CSRD betroffenen Unternehmen sind Familienunternehmen. Sie machen rund 90 Prozent aller Betriebe in Deutschland aus. Innerhalb der EU sind branchen- und rechtsformübergreifend rund 70 bis 80 Prozent aller Unternehmen Familienunternehmen. (3) Sie zeichnen sich durch eine schlanke Organisationsstruktur mit kurzen Entscheidungswegen aus. Nicht nur ihre dadurch bedingten Wettbewerbsvorteile werden aufgrund der umfangreichen und detaillierten Berichterstattungspflichten der CSRD zur Disposition gestellt. Vielmehr drohen der nachhaltigen Entwicklung insgesamt Rückschläge durch die mit der CSRD verbundenen Bürokratielasten.

Zusätzliche komplexe Berichtspflichten für Unternehmen wirken ihrem Engagement für die Nachhaltigkeit entgegen. Verglichen mit großen Publikumsgesellschaften, die im Fokus der mit weniger Anforderungen verbundenen EU-Richtlinie über die nichtfinanzielle Berichterstattung standen, werden kleinere Unternehmen durch die CSRD überproportional belastet werden. Darunter sind viele Familienunternehmen, die ihre Ressourcen nun stärker auf die Berichterstattung statt auf nachhaltige Projekte konzentrieren müssen. Die EU-Kommission selbst beziffert den mit dem anfänglichen CSRD-Vorschlag verbundenen durchschnittlichen Aufwand pro Unternehmen allein für das erste Jahr mit rund 100.000 Euro, was deutlich mehr als einer Vollzeitstelle entspricht. (4) Allein durch Berichterstattung wird jedoch noch kein Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung geleistet. Dazu werden vor allem Wissenschaftler und Ingenieure benötigt, die nachhaltige Zukunftstechnologien entwickeln. Dies geschieht eindrucksvoll durch das einzigartige Engagement von Familienunternehmen und ihre Bereitschaft, in Innovation investieren. (5) Denn aufgrund ihrer langfristigen strategischen Ausrichtung durch ihre Verpflichtung gegenüber der nachfolgenden Generation gehört nachhaltiges Wirtschaftshandeln zu ihrer DNA.

Der europäische Gesetzgeber sollte dieses Engagement anerkennen, erhalten und bestmöglich fördern. Nur durch die Förderung und Entwicklung von Innovation kann ein effektiver Klima- und Umweltschutz, der dringend benötigt wird, gelingen. Ein solcher Ansatz wäre der Entwicklung ständig neuer Berichtspflichten vorzuziehen, die die Unternehmen nur belasten, ohne einen tatsächlichen Beitrag zum Klima- und Umweltschutz zu leisten. Durch das Zusammenwirken der CSRD und der in ihrem Rahmen derzeit entwickelten europäischen Nachhaltigkeitsberichtsstandards mit der Taxonomie-Verordnung und weiteren Nachhaltigkeitsberichterstattungsregeln, etwa dem aktuell verhandelten Richtlinienvorschlag zur Lieferkettensorgfalt, entsteht für die Familienunternehmen ein erhebliches Ausmaß an zusätzlicher Bürokratie. Es kommen immer weitere Berichterstattungspflichten auf die Unternehmen zu, was weitere Investitionen in europäische Produktionsstandorte erschwert. Die Folge ist ein Rückschlag für die europäische Wirtschaft und den Wohlstand in Europa insgesamt. 

3. Komplexe Berichterstattungspflichten dürfen Familienunternehmen nicht überfordern

Unternehmen müssen zukünftig viel detaillierter als bisher über ihre Nachhaltigkeitsziele und -aktivitäten, ihre diesbezügliche Politik und Strategie berichten. Zusätzliche Komplexität entsteht durch die Etablierung europäischer Nachhaltigkeitsberichtsstandards und die Verbindung der CSRD mit weiteren EU-Regelwerken zur Nachhaltigkeit, insbesondere zur Taxonomie-Verordnung und der in diesem Rahmen zu beachtenden delegierten Rechtsakte.

Zusätzliche Berichtspflichten müssen zwingend an einen nachgewiesenen Mehrwert gekoppelt werden. Vor dem Hintergrund ihres komplexen Inhalts, des Zeitplans, aber auch angesichts der Tatsache, dass viele Familienunternehmen schon seit langem über ihre Nachhaltigkeitsaktivitäten umfangreich berichten, erscheint dies bei der CSRD zweifelhaft.

Darüber hinaus ist aus Sicht der Familienunternehmen die Kompatibilität der europäischen Standards mit den gängigen, internationalen Nachhaltigkeitsberichtsregelwerken (z.B. GRI oder UN Global Compact) von zentraler Bedeutung. Eine Abweichung der Regelwerke mit der Folge, dass die Unternehmen schlimmstenfalls zweimal bzw. doppelt berichten müssten, muss in jedem Fall vermieden werden.


4. Fazit

Mit der CSRD entstehen für Familienunternehmen weitere kostenintensive Bürokratielasten, denen kein adäquater Mehrwert gegenübersteht. Neue Berichterstattungspflichten bringen keinerlei „Mehr“ an Nachhaltigkeit und wirken der Wettbewerbsfähigkeit der Familienunternehmen entgegen. Die EU sollte sich stattdessen darauf konzentrieren, das tatsächliche Nachhaltigkeitsengagement der Unternehmen zu fördern. Hier sind die Familienunternehmen Vorreiter, da sie aufgrund ihrer langfristigen strategischen Ausrichtung mit Blick auf die kommenden Generationen besonders in die Entwicklung von Zukunftstechnologien investieren. Diese werden angesichts des schnell voranschreitenden Klimawandels dringend benötigt. Auf neue Bürokratielasten kann dagegen verzichtet werden.

Quellen

1 Der EU-Kommissionsvorschlag zur CSRD sieht vor, ab dem 1. Januar 2026 auch kleine und mittlere Unternehmen in den Anwendungsbereich einzubeziehen.

2 Vgl. Stellungnahme des Deutschen Rechnungslegungs Standards Committees (DRSC) zur CSRD an das BMJV vom 26. Mai 2021.

3 Stiftung Familienunternehmen (Hrsg.): Die volkswirtschaftliche Bedeutung der Familienunternehmen, 5. Auflage, erstellt vom ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung Mannheim und vom Institut für Mittelstandsforschung Mannheim, München 2019, www.familienunternehmen.de.

4 Vgl. S. 13 des EU-Kommissionsvorschlags zur CSRD vom 21.04.2021, 2021/0104 (COD).

5 Vgl. Stiftung Familienunternehmen (Hrsg.): Technologieatlas Nachhaltigkeit – Familienunternehmen als Entwickler und Anwender von Umwelttechnologien, erstellt durch das Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT, München 2021.

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Roland Pichler

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