Wir haben ganze sechs Generationen gebraucht, um einer Frau die Führung unserer Geschäfte zuzutrauen. Aber nur zehn Jahre, um im Anschluss unsere gesamte Unternehmenskultur für Frauen positiv zu gestalten und ein Arbeitsumfeld zu schaffen, das Frauen ermutigt und anzieht.
Angefragt zu dieser Unternehmer-Meinung dachte ich ehrlicherweise zuerst, das Thema „erste Frau an der Spitze“ sei schlicht nicht sehr gehaltvoll. Diese Geschichte war für mich ganz persönlich und für die Frauen bei Schmitt + Sohn aus meiner Sicht auserzählt. Die Fakten des Albright-Berichts und die Gespräche mit anderen Frauen außerhalb des Unternehmens sprechen eine andere Sprache.
Die Tatsache, dass, und die Frage, wie Frauen sich in einem fördernden Umfeld sichtbar machen und an die Spitze gelangen können, ist von hoher Aktualität und Relevanz.
Geht eine Unternehmerfamilie diesen Schritt nicht, verlieren alle Beteiligten: das Unternehmen die Chance auf 50 Prozent der hellsten Köpfe; die Unternehmerfamilie gegebenenfalls Vermögenszuwachs; fähige Frauen die Chance auf ein erfülltes Arbeitsleben mit so unmittelbaren Gestaltungsmöglichkeiten, wie sie häufig nur in Familienunternehmen zu finden sind.
Diese Unternehmer-Meinung richtet sich daher vornehmlich an zwei wichtige Parteien mit der folgenden Empfehlung und Bitte: an die Unternehmerfamilien, den Mut und das Vertrauen zu haben, ausgetretene Pfade zu verlassen und der Tatsache zu begegnen, dass Leistungsfähigkeit und -bereitschaft unabhängig vom Geschlecht existieren. Wir wissen selbst nur zu gut, dass dies äußerst komplex ist, wenn die Tradition bisher eine ganz andere war. Und an Frauen, die sich in führender Position in ihrem Unternehmen einbringen wollen und können, den Mut und das Vertrauen in sich selbst und die männlichen Kollegen zu haben, gemeinsam neue Wege gehen zu können.
An meine potenziellen Kolleginnen in einer solchen Position:
Ist alles leicht als Frau an der Spitze? Nein, ist es natürlich nicht. Viele Frauen lassen es jedoch so aussehen und ein falsches Bild entsteht. Gerade in männerdominierten Branchen ist man oft erst einmal der rosa Elefant im Besprechungsraum, sobald man diesen betritt. Aber: Wenn man dann den Mund aufmacht und überzeugt, tritt das Anderssein aus meiner Sicht für alle Beteiligten in den Hintergrund. Setzen Sie auch auf Ihre männlichen Kollegen. Für beide Geschlechter ist gesellschaftlich hinsichtlich ihrer Rollen gerade sehr vieles in Bewegung. Eine Aufgabe, die man nur miteinander auf Augenhöhe und ohne Vorurteile auf beiden Seiten gut bewältigen kann.
Kann ich bei Aufgaben, die mir das erste Mal gestellt werden, einfach „Ja, ich kann das und mache das“ sagen, auch wenn ich mir da gar nicht sicher bin? Selbstverständlich und unbedingt. Was, glauben Sie, machen Ihre männlichen Kollegen andauernd? Machen Sie sich todesmutig sichtbar. Im Sinne von Selbstvertrauen, nicht von Verantwortungslosigkeit. Ist ein erfülltes Familienleben in einer solchen Position möglich? Absolut. Mein Mann, unsere zwei Töchter und ich leben sehr glücklich zusammen. Dazu braucht es: einen Partner, für den 50 : 50 bei der Kinderbetreuung nicht nur ein Lippenbekenntnis ist. Bei kleinen Kindern nicht nur Plan A, auch Plan B, C und D für deren Betreuung. Oft geht dann auch Plan D schief. Wenn dies der Fall ist, gute Nerven, die Priorisierung der Familie und das Bewusstsein, dass damit die Welt für niemanden untergeht – wenn Sie Letzteres in jeder Situation perfektioniert haben, nehmen Sie bitte Kontakt mit mir auf und erklären mir, wie.
Uns allen wünsche ich den Mut zu Veränderungen und das Vertrauen, aufeinander zu setzen und gemeinsam positiv für alle Beteiligten die Zukunft zu gestalten.
Das Unternehmen Schmitt + Sohn Aufzüge wurde 1861 in Nürnberg gegründet und gehört mit seinen rund 1.900 Mitarbeitenden zu den führenden Aufzugsunternehmen Europas. Das Unternehmen setzt im Jahr 180 Millionen Euro um. Der Aufzugsspezialist hat über 100.000 Aufzugsanlagen gebaut und bietet einen 24-Stunden-Service an 365 Tagen im Jahr an.
Seit 2015 ist Anna von Hinüber, geborene Schmitt, geschäftsführende Gesellschafterin des mittlerweile in sechster Generation geführten Familienunternehmens.