11/20/2024
Hans-Günter Trockels, Geschäftsführer KuchenMeister GmbH

Wir brauchen für den Standort D eine Agenda 2030

Als Geschäftsführer eines deutschen Traditionsunternehmens mit 140 Jahren Unternehmensgeschichte erlebe ich täglich die Stärken und Schwächen des Wirtschaftsstandorts Deutschland.

Mittlerweile bin ich seit dreißig Jahren Inhaber und Geschäftsführer von KuchenMeister, einem erfolgreichen Backwaren herstellenden Familienunternehmen mit gut 1000 Mitarbeitenden. Die Wurzeln von KuchenMeister liegen im westfälischen Soest – und hier ist noch immer unser Hauptstandort beheimatet. Wir sind Weltmarktführer im Bereich Stollen und Baumkuchen und stellen rund 500 verschiedene Produkte her.

Trotz unserer Marktführerschaft in verschiedenen Segmenten stehen wir vor Herausforderungen, die nicht nur uns, sondern viele Unternehmen in unterschiedlichen Branchen betreffen.

Es ist an der Zeit, diese Themen offen zu diskutieren und gemeinsam Lösungen zu finden.

Ein zentrales Problem, das uns alle betrifft, ist der Fachkräftemangel. In vielen Sektoren, einschließlich der Lebensmittelindustrie, sehen wir einen dramatischen Rückgang an qualifizierten Arbeitskräften. Die demografische Entwicklung führt dazu, dass immer weniger junge Menschen in den Arbeitsmarkt eintreten. Dies hat direkte Auswirkungen auf unsere Produktionskapazitäten und unsere Innovationskraft.

Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen wir dringend neue Wege finden, um junge Talente für technische Berufe und handwerkliche Tätigkeiten zu begeistern. Motivierende Initiativen zur Berufsorientierung in Schulen sowie praxisnahe Ausbildungsprogramme sind hier unerlässlich.

Ein weiterer Aspekt des Arbeitskräftemangels ist die Frage: Lohnt sich Arbeit überhaupt noch? In einer Zeit, in der das Bürgergeld als soziale Absicherung dient, sehen wir immer öfter, dass ein Anreiz zu arbeiten fehlt. Diese Situation führt dazu, dass viele potenzielle Mitarbeitende lieber auf staatliche Unterstützung zurückgreifen, anstatt eine Beschäftigung aufzunehmen – selbst wenn eine feste Anstellung langfristig bessere Perspektiven bietet.

Hier müssen wir als Gesellschaft gemeinsam Lösungen finden: Wir brauchen Anreize, die es attraktiv machen, eine Arbeit aufzunehmen und gleichzeitig ein existenzsicherndes Einkommen zu erzielen. Eine Reform des Sozialsystems könnte dazu beitragen, dass Arbeit wieder mehr wertgeschätzt wird und sich für alle lohnt.

Zusätzlich zum Fachkräftemangel stellt die Bürokratie in Deutschland eine erhebliche Hürde dar. Komplexe Genehmigungsverfahren, überladene Vorschriften und unklare Gesetzgebungen erschweren es Unternehmen, schnell auf Marktveränderungen zu reagieren, innovative Projekte umzusetzen oder klimafreundliche Veränderungen vorzunehmen.

Ein besonders eindrückliches Beispiel sind die langwierigen Genehmigungsprozesse für Photovoltaikanlagen. Für unsere neue PV-Anlage haben wir über ein Jahr auf die erforderlichen Genehmigungen gewartet. Wir wurden immer wieder häppchenweise mit neuen Anforderungen vertröstet, auch ein offener Brief an Ministerpräsident Wüst bewirkte keine Anpassungen im Genehmigungsverfahren. Die Stärke von Familienunternehmen liegt gerade darin, dass sie sich an schnell verändernde Märkte anpassen. Doch langatmige Bürokratie bremst uns aus.

Weitere Beispiele, wie die Bundesregierung Neuerungen und Innovationen innerhalb von Unternehmen mindert, sind die Anschaffungsförderung von (Bio-)Gas-Lkw und die Mautbefreiung von Gas-Lkw: Beide sind ersatzlos nacheinander ausgelaufen. Solche Prozesse hemmen nicht nur den Ausbau erneuerbarer Energien und umweltschonender Antriebe, sondern gefährden auch unsere Wettbewerbsfähigkeit. Wir brauchen Planbarkeit statt einer Politik nach dem Motto „Rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln“.

Ein weiteres drängendes Thema sind die hohen Energiepreise, die viele deutsche Unternehmen stark belasten. Diese Kosten wirken sich direkt auf unsere Produktionskosten aus und stellen eine zusätzliche Herausforderung dar. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, muss die Politik Wege finden, Energie effizienter und günstiger herzustellen, einzukaufen und gleichzeitig alternative Energiequellen wie Photovoltaik auszubauen.

Wir benötigen ein System, das sowohl Sicherheit gewährleistet als auch Innovationen fördert und das es uns ermöglicht, zügig und effizient auf die Herausforderungen des Marktes zu reagieren.

Chancen sehen und ergreifen

Trotz dieser Herausforderungen gibt es auch zahlreiche Chancen für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Unsere Innovationskraft ist unbestritten; wir sind bekannt für Qualität und Nachhaltigkeit. Diese Stärken sollten wir nutzen, um uns international noch besser zu positionieren. Der Trend hin zu gesunden und nachhaltigen Lebensmitteln und Produkten bietet enorme Potenziale für Unternehmen aller Branchen – sei es in der Backwarenindustrie oder darüber hinaus.

Um diese Chancen zu nutzen und gleichzeitig die Herausforderungen zu bewältigen, appelliere ich an Politik und Gesellschaft: Lassen Sie uns gemeinsam an einem attraktiven Wirtschaftsstandort arbeiten!

Wir benötigen eine Bildungs- und Ausbildungsoffensive sowie Maßnahmen zur Förderung von Zuwanderung qualifizierter Fachkräfte aus dem Ausland. Zudem sollten bürokratische Hürden abgebaut werden, um Unternehmen mehr Freiraum für Innovationen zu geben. Notwendig ist eine Agenda 2030, mit der wir die Herausforderungen angehen.

Insgesamt bin ich überzeugt: Der Wirtschaftsstandort Deutschland hat viel Potenzial – wenn wir bereit sind, die notwendigen Veränderungen anzustoßen und gemeinsam an einer zukunftsfähigen Lösung zu arbeiten.

Nur so können wir sicherstellen, dass unsere Wirtschaft weiterhin erfolgreich bleibt und wir unseren Platz als führende Nation im globalen Wettbewerb behaupten können.

Die KuchenMeister GmbH mit Hauptsitz in Soest/Westfalen ist ein Familienunternehmen mit langer Tradition. Seit der Gründung einer kleinen Handwerksbäckerei im Jahr 1884 entwickelte sich bis heute ein internationaler Marktführer für feine Backwaren. Die KuchenMeister-Standorte wurden im Laufe der 140-jährigen Firmengeschichte kontinuierlich weiterentwickelt, um traditionelles Backen mit modernster Technologie zu verbinden.

Ca. 1000 Mitarbeitende sind im Stammwerk Soest und an weiteren Produktionsstandorten für die Produktion von Folienkuchen, Stollen, Baumkuchen, Tortenböden, Croissants und vielen weiteren Produkten verantwortlich. Rund 500 verschiedene Produkte werden weltweit in 80 Ländern angeboten. KuchenMeister steht für unternehmerische Fantasie, Freude an Innovation und attraktive Produkte auf höchstem Qualitätsniveau.

Damals wie heute sind Frische und Güte unserer Rohstoffe ebenso entscheidend wie eine bewusste und sorgsame Weiterverarbeitung und Nachhaltigkeit im gesamten Unternehmen. Jeder einzelne Schritt des Backens wird dabei streng überwacht. Zwar ist KuchenMeister längst ein Welt-Unternehmen, aber die Qualitätskontrolle liegt immer noch in Familienhand.

© KuchenMeister GmbH