04/01/2017
Ingrid Hofmann

Flüchtlinge am Arbeitsmarkt: Wo liegen die größten Herausforderungen?

Bei der Integration von Geflüchteten sind die Herausforderungen groß – nicht nur für Personaldienstleister wie uns, sondern für alle Unternehmen. Das größte Problem sind die mangelnden Sprachkenntnisse. Wer Arbeitsanweisungen und Schutzmaßnahmen nicht versteht, kann nicht in Arbeit vermittelt werden beziehungsweise Arbeit aufnehmen. Die Erwartung, die Geflüchteten seien die Fachkräfte von morgen, war in meinen Augen von Anfang an überzogen.

Der Umgang mit Menschen aus den acht anerkannten Flüchtlingsländern ist uns schon seit Jahren vertraut. Sie kamen auch schon vor 2015, aber nicht in dieser großen Anzahl. Die Bundesagentur für Arbeit hat darauf hingewiesen, dass rund 80 Prozent der Flüchtlinge nicht formal qualifiziert sind. Hinzu kommen die zum Teil falschen Vorstellungen, die einige Flüchtlinge von unserer Arbeitswelt und ihren Anforderungen haben. Die Menschen wollen durchaus arbeiten, aber nicht alle sind es gewohnt, einen Acht-Stundentag durchzuhalten, jeden Tag pünktlich zu sein, Pausenregelungen einzuhalten oder Frauen als Vorgesetzte zu akzeptieren.

Das ist ein umfangreicher Lernprozess und somit ein großer Zeitaufwand bei der Betreuung. Wir haben die Arbeitsprozesse miteinander verglichen, wenn wir Menschen ohne Vermittlungshemmnisse einstellen, mit geringen Vermittlungshemmnissen, Langzeit-Arbeitslose oder Geflüchtete. Der Zusatzaufwand bei der Einstellung und Betreuung von Geflüchteten, die erst kurze Zeit in Deutschland sind, beträgt gegenüber den Menschen ohne Vermittlungshemmnisse laut unserer REFA-Analyse rund 90 Prozent. Was können wir tun? In unseren Akademien in Regensburg und Dingolfing bieten wir zum Beispiel Deutschkurse an. Wenn die Deutschkenntnisse ausreichen, können wir auch erste Qualifizierungen umsetzen wie beispielsweise einen Gabelstaplerschein.

Als Personaldienstleister können wir versuchen, den Menschen aneinandergereihte Einsätze in der Zeitarbeit für bestimmte Tätigkeiten anzubieten. Das ist eine Art Schritt-für-Schritt-Qualifikation für vordefinierte Tätigkeitsfelder. Im Umgang mit den Arbeitskollegen können Flüchtlinge dann auch ihr Deutsch verbessern. Wir haben durchaus gute Beispiele. Aber es dauert alles seine Zeit.

Die Politik verfolgt das Ziel, die Menschen möglichst in Ausbildung zu bringen. Das ist vom Prinzip her sicherlich richtig. Viele Flüchtlinge müssen aber zunächst davon überzeugt werden, dass eine Ausbildung sinnvoll ist, und man muss gemeinsam herausfinden, welche Ausbildung für wen passen könnte. Die meisten möchten so schnell wie möglich arbeiten, da sie finanzielle Verpflichtungen haben. Sie brauchen zudem Sprach- und Mathematikkenntnisse, um überhaupt eine duale Ausbildung hier in Deutschland absolvieren zu können. Und auch der passende Ausbildungsbetrieb muss gefunden werden.

Und wie geht es weiter? Wir werden uns auf jeden Fall weiter engagieren, sehr gerne auch in Zusammenarbeit mit anderen Familienunternehmen. Im Jahr 2016 konnten wir bereits 244 Flüchtlinge einstellen, die bei unseren Kunden eingesetzt wurden.

Die I. K. Hofmann GmbH gehört zu den fünf größten deutschen Personaldienstleistern. Mit 89 Niederlassungen in Deutschland sowie Tochterfirmen in Österreich, England, USA, Schweiz und Tschechien beschäftigt die Gruppe durchschnittlich 23.000 fest angestellte Mitarbeiter, davon rund 560 in der Verwaltung. Im Jahr 2016 erwirtschaftete das 1985 gegründete Familienunternehmen 836 Millionen Euro Umsatz. Die Zeitarbeitsmitarbeiter sind bei den Kundenfirmen tätig – als Urlaubs- und Krankheitsvertretung, für Projekte oder zur Entlastung der Stammbelegschaft bei Auftragsspitzen oder umfangreichen Projekten. Seit 2010 ist Geschäftsführerin Ingrid Hofmann Mitglied im Verwaltungsrat der Bundesagentur für Arbeit. Zudem engagiert sie sich im Vorstand des Branchenverbandes BAP und als Vorsitzende des Auschusses für betriebliche Personalpolitik bei der BDA.