Der Psychologe Peter Fischer schrieb im Januar in der „Welt“ über die Phänomene unserer Zeit, wie den um sich greifenden Rechtspopulismus oder die Radikalisierung der Gesellschaft. Seine erschreckende Analyse lautet: „Uns ist im Frieden langweilig geworden.“
Die wirtschaftspolitischen Herausforderungen waren seit den 50er Jahren nicht mehr so groß wie heute. Die Digitalisierung und die nächste Phase der Globalisierung stellen die Grundlagen unseres wirtschaftlichen Erfolgs in Frage. Wir stehen an einem Scheideweg, aber statt Aufbruch, um die realen Bedrohungen in offensiver Art und Weise in Chancen zu verwandeln, herrscht Verweigerungsstimmung. Man möchte in Anlehnung an Peter Fischer feststellen: Uns ist im Wohlstand langweilig geworden.
Sind wir in der Gesellschaft und in der Politik bereit, die Zeichen zu lesen und angemessen darauf zu reagieren? Welche Haltung bräuchte es jetzt in den Unternehmen, der Politik und der gesamten Zivilgesellschaft?
Unser Wohlstand mit all seinen Facetten (Gesundheit, Bildung, Kultur, Sozialsystem, allgemeine Versorgung) hängt vollständig von unserer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit ab. Und diese wird in Deutschland ganz wesentlich durch den innovationsgetriebenen und familiengeführten Mittelstand definiert. Diese Leistungsfähigkeit ist gleichzeitig die Voraussetzung, um die großen Herausforderungen unserer Zeit zu meistern: Der Klimawandel oder die Ressourcenknappheit werden sich bei gleichzeitig zunehmender Weltbevölkerung nicht ohne wirtschaftliche Fitness bewältigen lassen. Technologie ist dabei nicht das Problem, sondern die Lösung. Aber gelingt uns die Wohlstandstransformation in das nächste technologische Zeitalter?
Vordergründig hindert uns daran eine zögerliche, bisweilen planwirtschaftlich anmutende, bürokratiefördernde und allzu gegenwärtige Politik ohne stimulierende Zukunftsvision: pauschale gesetzliche Arbeitsmarktregelungen statt betrieblicher und individueller Gestaltungsspielräume, Digitalbürokratie statt mutiger Anpassungen von Bildungsinhalten und Forschungsförderung, politisierte Physik statt Technologieoffenheit, Zweifel an der Marktwirtschaft statt Freiheit.
Vielmehr scheint es mir aber eine gesamtgesellschaftliche Haltungsfrage zu sein. Die Politik exekutiert lediglich, was als kollektiver Konsens anmutet: Status quo verteidigen, bloß keine Risiken und bitte keine Unannehmlichkeiten. Dieser Vorwurf einer reaktiven statt visionären und proaktiven Politik ist dabei wahrscheinlich der schwerwiegendste, den man unseren Politikern machen muss.
Im Kern ist es die Haltung der Menschen, die ein Hinüberretten unseres Wohlstands in die Epoche der Digitalisierung und der künstlichen Intelligenz gefährdet. Veränderungsunwilligkeit, Me-myself-and-I-Mentalität, Technologie- und Innovationsfeindlichkeit sowie die Priorisierung von Sicherheit gegenüber Freiheit sind keine guten Voraussetzungen, um unsere Zukunft zu gestalten. Angst ist ein schlechter Ratgeber.
Was können wir Unternehmer tun, um uns als Gesellschaft wieder mehr Lust auf Zukunft zu machen? Wir können in unseren Unternehmen anfangen und noch mehr als bisher für eine werteorientierte Unternehmenskultur sorgen, die ein Denken und Handeln kultiviert, das von Optimismus, Neugier und Gestaltungswillen bestimmt wird.
Spätestens seit Eintritt in das digitale Zeitalter wäre es schon in unserem ureigenen Interesse, in unseren Betrieben ein besseres Verständnis der Wechselwirkungen von gegenseitigem menschlichem Respekt, Offenheit und Integrität, daraus entstehendem Vertrauen, Mut und Veränderungsfreudigkeit sowie Engagement, Kreativität und Leidenschaft herzustellen. Am Ende dieser Kette stehen Innovationskraft, Effizienz, Wettbewerbsfähigkeit, Erfolg am Markt und eine hohe Zufriedenheit aller am Erfolg beteiligten Menschen.
Bei der Basler AG hat diese Überzeugung dazu geführt, dass wir die Unternehmenskultur zu einem Teil unserer Managementstrategie gemacht haben – inklusive entsprechender KPIs für das Controlling. Sie ist damit einerseits strategische Aufgabe des Managements und andererseits für jeden Mitarbeiter Teil des Arbeitsauftrags.
Die daraus entstehende Agilität brauchen wir, um als Unternehmen führend zu bleiben. Um diese auch in die breite Gesellschaft zu tragen, muss die Politik den Mut aufbringen, dem Zeitgeist nicht nur hinterherzulaufen, sondern diesen durch zeitgemäße Bildungs-, Arbeitsmarkt-, Innovations- und Wirtschaftspolitik zu formen: Anpassung der Schul-Curricula, damit wirtschaftliche Zusammenhänge verstanden werden und unsere Kinder mit hinreichenden naturwissenschaftlich-technischen Fähigkeiten die Chance bekommen, im globalen Wettbewerb zu bestehen. Individualisierung und Flexibilisierung im Arbeitsmarkt, deutlich höhere Investitionen in die Forschung und steuerliche Forschungsförderung sowie eine grundsätzliche Rückbesinnung auf die Segnungen der sozialen Marktwirtschaft.
Dann könnten wir die Herausforderungen der Zukunft so meistern, dass es uns im Wohlstand nicht langweilig bleibt.
Die Basler AG ist nach eigenen Angaben ein international führender Hersteller von hochwertigen Kameras und Kamerazubehör für Anwendungen in Fabrikautomation, Medizin, Verkehr und einer Vielzahl weiterer Märkte. Der Basler-Konzern beschäftigt rund 800 Mitarbeiter an seinem Hauptsitz in Ahrensburg sowie an weiteren Standorten in Europa, Asien und Nordamerika.