07/02/2021
Dr.-Ing. h.c. Roland Mack

Revitalisierung der Vermögensteuer – alter Wein in neuen Schläuchen?

Wer bezahlt die Rechnung der Corona-Krise? Auf diese wichtige Frage vor der Bundestagswahl erhält man aus so manchen politischen Lagern die einfache Antwort: die „Reichen“. Damit ist eigentlich schon alles gesagt. Der Ruf nach einer Revitalisierung der Vermögensteuer ist ein hervorragendes populistisches Mittel. Denn wenn nur zwei Prozent der Bevölkerung von dieser Steuer betroffen sind, kann man im Wahlkampf nichts falsch machen. Auf die paar Wählerstimmen kann man wohl verzichten. Auch nach der Finanzkrise vernahm man den Ruf nach der Wiedereinführung der Vermögensteuer oder der Einführung einer Vermögensabgabe. Und nun werden die alten Entwürfe aus den Schubladen gezogen, freilich ohne dass inhaltlich heute etwas anderes gilt als damals: Es gibt keine überzeugenden Argumente für eine Vermögensteuer oder eine Vermögensabgabe. 

Gerechtigkeit

Die Vermögensteuer führe zu mehr Gerechtigkeit, sagen manche. Sie wirke einer ungleichen Vermögensverteilung entgegen. Dass Einkommen und Vermögen ungleich verteilt sind, liegt in der Natur unserer Leistungsgesellschaft. Die Nivellierung dieser Ungleichheiten bei dem nicht begünstigten Privat- und Betriebsvermögen haben wir durch die letzten Reformen des Erbschaftsteuergesetzes weiter vorangetrieben und das seinerzeitige Erbschaftsteueraufkommen von ca. vier Milliarden Euro auf ca. 7,2 Milliarden Euro erhöht. Auch die Einnahmen aus der Grunderwerbsteuer haben sich seit diesem Zeitraum fast vervierfacht und sind von 4,86 Milliarden Euro (2009) auf 16,06 Milliarden Euro (2020) gestiegen. Es gibt keine Anhaltspunkte – auch im internationalen Vergleich –, dass eine Vermögensteuer zu einer gerechteren Vermögensverteilung führt. So haben z. B. Japan, Australien und andere Länder keine Vermögensteuer, jedoch eine gleichmäßigere Vermögensverteilung als Deutschland. Wiederum haben Länder mit Vermögensteuern eine wesentlich ungleichmäßigere Vermögensverteilung als Deutschland.

Verfassung

Legt man die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1995 zugrunde, mit der die Vermögensteuer als verfassungswidrig eingestuft wurde, müsste bei einer heutigen Wiedereinführung der Vermögensteuer ein außerordentlicher Finanzbedarf vorliegen, der durch die Erhöhung der regulären Steuern nicht gedeckt werden könnte. Haben wir nach der Corona-Krise eine solche außerordentliche Situation? Sicher nicht. 2012 hatten wir in Deutschland eine Schuldenstandsquote von 82 Prozent. Allein die Finanzmarktkrise hatte ihren Anteil daran mit 11,59 Prozent. Da die Unternehmen erfolgreich gewirtschaftet haben, ist die Quote kontinuierlich durch höhere Steuereinnahmen auf 59,6 Prozent im Jahr 2019 gesunken. Durch die Corona-Krise ist die Quote lediglich ungefähr 70 Prozent im Jahr 2020 angestiegen. Eine außerordentliche Krisensituation liegt daher auch heute nicht vor.

Substanzsteuer

Es gibt ein altes Sprichwort: Man soll die Kuh nicht schlachten, die man noch melken will. Der wissenschaftliche Beirat des Finanzministeriums hatte bereits 2013 errechnet, dass die Wiedereinführung der Vermögensteuer dazu führen würde, dass die reale Vermögenssubstanz nach 30 Jahren um 38 Prozent verringert wird. Bei einem Unternehmen würden damit also zukünftige Kapitalerträge – die ja in die Bewertung einfließen – besteuert, die dem Unternehmer real gar nicht zur Verfügung stehen. Jeder Unternehmer müsste rund 17 Prozent seines jährlichen Gewinns für die Vermögensteuer aufwenden. Steuererhöhungen in diesem Ausmaß sind unbestreitbar ein entscheidendes Hemmnis für Investitionen und Wachstum. Der Europa-Park hätte seine Investitionen in den Bau seines Wasserparks Rulantica mit rund 200 Millionen Euro nicht tätigen können, wenn eine Vermögensteuer gegolten hätte. 130 Firmen und 2.000 Handwerker wären nicht beschäftigt worden und es wären keine neuen Arbeitsplätze entstanden. Und auch die Corona-Krise hätte der Europa-Park mit den damit einhergehenden gravierenden behördlichen Betriebsschließungen nicht überstanden, wenn wir unser Eigenkapital für eine Vermögensteuer hätten verwenden müssen. 

Liquidität

Vermögensteuer entzieht dem Unternehmen Liquidität, ohne dass Gewinne vorliegen müssen. Die Folge wäre eine zusätzliche Verschuldung der Unternehmen oder das Unternehmen müsste zwangsweise Vermögen veräußern, um Liquidität für die Steuer aufbringen zu können.

Dem wird oft entgegengehalten, der Unternehmer könne mehr Fremdkapital aufnehmen. Wieder ein Irrtum. Wer einen Beleg sucht, muss sich nur die Unternehmen in der Corona-Krise ansehen. Hier hat sich mit jeder nur wünschenswerten Klarheit gezeigt, dass Banken in Krisensituationen keine Kredite gewähren. Im Gegenteil wurden die Zinssätze unverblümt erhöht mit dem Argument, dass die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens in Gefahr sei. Wie werden die Bankgespräche aussehen, wenn der Unternehmer zukünftig erklärt, er müsse weitere 17 Prozent seines regulären Gewinns für die Vermögensteuer aufwenden?

Fazit

Die deutschen Familienunternehmen haben sich stets durch eine hohe Eigenkapitalquote ausgezeichnet. Schon mein Vater hatte das Motto ausgegeben: „Jede Mark in den Park.“ Er war es, der uns gelehrt hat, Rücklagen für schlechte Zeiten zu bilden. Ohne diesen Rat wäre es jetzt in der Pandemie sehr eng geworden für uns. Wir verstehen uns als Treuhänder mit der Aufgabe, dieses Unternehmen wiederum an die nächste, also die achte Generation gesund weiterzureichen. Es geht darum, das Unternehmen mit seinen Arbeitsplätzen, der Innovationsfähigkeit und der wirtschaftlichen Strahlkraft dauerhaft zu erhalten. Dies beinhaltet übrigens auch den schonenden Umgang mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen – der politisch stark instrumentalisierte Begriff der Nachhaltigkeit ist demnach bereits seit Generationen Teil unserer DNA. Der Angriff auf die Substanz dieser Stärke unseres Landes kann zu einem Ausverkauf der deutschen Wirtschaft führen. Egal, ob es sich um potenzielle Käufer aus dem Ausland oder vom Finanzmarkt handelt, ich bin überzeugt, dass dies ein Weg in die Sackgasse für unsere Wirtschaftskraft wäre. Man kann gar nicht häufig genug betonen, welches Rückgrat gerade die mittelständischen Familienunternehmen für dieses Land bilden. Und das Geld fließt wieder zurück in die regionale Wirtschaft. Eine Studie der Universität St. Gallen hat gerade gezeigt, dass allein das Unternehmen Europa-Park rund 250 Millionen Euro jährlich in die Region fließen lässt. Hunderte kleine und mittlere Betriebe leben mit ihren Familien vom Unternehmen Europa-Park.

Das Eigenkapital neben der Erbschaftsteuer nun mit einer weiteren Substanzsteuer anzugreifen, kann Überlegungen befeuern, das Unternehmen zu veräußern und den Veräußerungsgewinn in das vermögensteuerfreie Ausland zu verlagern.

Als Erkenntnis bleibt, dass eine Vermögensteuer als Substanzsteuer nicht aus der Substanz selbst bezahlt wird, sondern nur aus den Erträgen, die die Substanz erzielt. Daher muss eine Vermögensteuer immer im Zusammenhang mit der Besteuerung von Vermögenserträgen gesehen werden. Eine signifikante Aufzehrung des Vermögensstamms ist nicht hinnehmbar und wäre wohl auch verfassungswidrig. Durch eine Vermögensteuer würden alle Vorteile, die durch die Unternehmenssteuerreform 2008 erreicht worden sind, wieder zunichtegemacht. Eine reine Populismus-, Neid- und Symbolpolitik bringt unser Land nicht weiter. Deutschland würde seine internationale Wettbewerbsfähigkeit unnötig einschränken.

Das Familienunternehmen Mack wurde im Jahr 1780 in Waldkirch gegründet. Aus dem kleinen Handwerksbetrieb für Wagenbau hat sich ein Weltunternehmen entwickelt, das heute Fahrattraktionen für Freizeitparks rund um den Globus fertigt. Gemeinsam mit seinem Vater Franz Mack hat Dr.-Ing. h.c. Roland Mack in der siebten Generation des Traditionsunternehmens den Europa-Park 1975 in Rust eröffnet. Heute zählt der Park zu einem der meistbesuchten deutschen Tourismusziele. Mit über 5,7 Millionen Besuchern im Jahr 2019 ist Deutschlands größter Freizeitpark der besucherstärkste saisonale Park weltweit. In der Saison hat der Europa-Park 4.450 Angestellte und ist damit inzwischen auch einer der größten Arbeitgeber der Region.